In den Jahren 1971/72 arbeitete Richter an dem Bilderzyklus 48 Portraits, der später auf der 36. Biennale in Venedig gezeigt werden sollte.
„Der Plan, die 48 Portraits zu malen, ist sehr alt. Ich hatte die Idee schon lange, aber traute mich nicht, sie auszuführen. Als ich die Einladung nach Venedig bekam, war mir sofort klar, daß die räumlichen Bedingungen für diese Arbeit ideal sind. Ohne diesen Anlaß hätte ich sie wahrscheinlich nie gemalt.“ [1]
Eine erste Auswahl umfasste 270 Portrait-Fotografien aus Enzyklopädien und Lexika, die Richter in seinem Atlas (Tafeln 30-37) sammelte. Dabei handelt es sich ausschließlich um Abbildungen männlicher Personen aus verschiedenen Bereichen der Philosophie, Literatur, Naturwissenschaften, Politik und weiterer Gebiete. Vernachlässigt wurden in diesem Zusammenhang Vertreter der bildenden Künste. Auch Politiker wurden schließlich aus der endgültigen Auswahl ausgeschlossen. Denn, so kommentiert Richter, „(…) ich wollte keine Ideologien, kein Thema nahelegen. Ich wollte reine, ideologisch undeutbare Bilder.“ [2]
Richter fertigte zunächst weitaus mehr als nur 48 Portraits – viele Vorstudien und wieder verworfene Arbeiten, die nicht in die finale Auswahl aufgenommen wurden. Zu den Bildern, die nicht berücksichtigt wurden, zählen, unter anderen, ein Portrait von Sigmund Freud (Werkverzeichnis 323-2), von Johannes Fibiger (Werkverzeichnis 323-6), von Thomas Edward Lawrence (Werkverzeichnis 323-10) und eines von Mao Tse-tung (Werkverzeichnis 323-11).
Das Bildnis von Ho Chi Minh entstand ebenfalls im Rahmen der 48 Portraits. Da es einen Politiker darstellt und Richter den Zyklus, wie bereits erwähnt, frei von jeder Ideologie halten wollte, fand es keine Aufnahme in den Zyklus.
Die 48 Portraits wurden von Juni bis Oktober 1972 auf der Biennale in Venedig gezeigt und noch während der Ausstellung an den Aachener Sammler Peter Ludwig verkauft. Sie sind heute Teil der Sammlung des Museum Ludwig in Köln.