Gerhard Richter im National Museum of Modern Art in Tokio

14. September 2022
Carina Krause

Derzeit findet im National Museum of Modern Art in Tokio die erstklassige Ausstellung „Gerhard Richter“ statt. Sie umfasst weit über 100 Arbeiten, die alle in einem faszinierenden, reich bebilderten Katalog präsentiert sind.

Neben Arbeiten aus den Werkgruppen der Grauen Bilder, Spiegel und Abstrakten Bilder finden sich auch Beispiele für Richters sogenannte Foto-Bilder, die auf privaten Fotografien oder Bildern aus Zeitungen und Zeitschriften basieren.

Das früheste Werk in der Ausstellung ist „Motorboot“ (79a) aus dem Jahr 1965, dessen Motiv auf einer Werbeanzeige beruht. Weitaus persönlicher sind hingegen Bilder wie „Kleine Badende“ (815-1), „Moritz“ (863-3) und „Ella“ (903-1), die Sabine Moritz sowie zwei der gemeinsamen Kinder zeigen.
Eine sehr private Note haben auch die facettenreichen übermalten Fotografien, auf denen sich neben Familienmitgliedern und Freunden auch Landschaften oder Architektur finden.

„Abstrakte Bilder“ aus allen Phasen seines Werkes zeigen Richters Auseinandersetzung mit den Grenzen malerischer Darstellung, nicht-traditionellen Maltechniken und immer wieder auch mit dem Zufall, der die Entstehung der Bilder wesentlich beeinflusst hat. Deutlich wird das unter anderem in den farbenfrohen Hinterglasmalereien aus der Serie „Aladin“, die entstanden, indem Richter Farben zusammenfließen ließ oder deren Fluss störte und das Ergebnis letztendlich auf einer Glasplatte fixierte.

Die neuesten in der Ausstellung vertretenen Arbeiten sind 25, im Jahr 2021 entstandene abstrakte Zeichnungen. Dadurch schlägt sich ein Bogen, von den 1960er-Jahren bis heute, der es dem Betrachter erlaubt, in Richters mittlerweile 60 Jahre umfassendes Schaffen einzutauchen.

Interessant ist, dass ein Großteil der gezeigten Werke zum Bestand der 2019 ins Leben gerufenen Gerhard Richter Kunststiftung gehören.
Wie die Berliner Nationalgalerie im November 2021 publik machte, wird die Stiftung dem Museum des 20. Jahrhunderts der Nationalgalerie ein Konvolut von 100 Arbeiten als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen wird. Diese Werke, die derzeit alle in Japan zu sehen sind, werden ab 2023 zunächst in den Räumen der von Mies van der Rohe erbauten Neuen Nationalgalerie zu sehen sein, bevor sie, nach dessen Fertigstellung, in das Museums des 20. Jahrhunderts der Architekten Herzog & de Meuron am Kulturforum übersiedeln werden.

Eine Kunststiftung erwies sich als ideale Lösung. Vorschlägen ein eigenes Museum einzurichten, stand Richter immer außerordentlich ablehnend gegenüber. „Ein Museum wäre ihm vorgekommen wie ein Grabmal, (…) zu statisch. Die Stiftung sei da dynamischer, erlaube Ausleihen und fördere die Arbeit mit dem Werk.”

Zudem entzieht die Stiftung die Arbeiten dem Kunstmarkt und verhindert so, dass sie in privaten Sammlungen verschwinden und für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sein könnten.

Das Konvolut, das nach Berlin gehen wird, umfasst 40 Gemälde, Glas- und Spiegelarbeiten sowie 60 übermalte Fotografien.
In die Stiftung selbst sind bisher 127 Werke eingeflossen. Darunter mehrere von Richters Grauen Bildern, eine Auswahl an Spiegeln, des Weiteren Abstrakte Bilder aus verschiedenen Jahrzehnten, die großformatige Arbeit „4900 Farben“ (901), Hinterglasmalereien aus dem Jahr 2010, sowie Beispiele seiner Strip-Bilder.

Die Präsentation im National Museum of Modern Art in Tokio, die auch Arbeiten aus anderen Sammlungen integriert, ist dort noch bis zum 2. Oktober 2022 zu sehen. Danach wird sie bis Ende Januar 2023 im Municipal Museum of Art in Toyota gezeigt werden, bevor zumindest ein Teil der Werke nach Berlin reisen wird.